Katholische Gemeinde in Riesa beginnt Missbrauch-Aufarbeitung

Die katholische Nachrichtenagentur (KNA) berichtet:

In der katholischen Pfarrei Sankt Barbara in Riesa hat die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs durch einen Geistlichen in den 1960er Jahren begonnen. Am Dienstag fand ein Informationsabend im Gemeindesaal statt, auf Initiative eines Betroffenen, der Mitglied der Gemeinde ist und seinen Fall öffentlich machte. Fachlich unterstützt wurde er dabei von der Initiativgruppe "Aufarbeitung von unten".


Vor rund 40 Zuhörerinnen und Zuhörern, meist älterer Jahrgänge, sagte er: "Es geht mir nicht darum, der Kirche zu schaden oder sie gar zu vernichten. Dieser Abend ist ein Mosaikstein, der der Kirche die Chance eröffnet, was sie tun sollte, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen." An alle appellierte er, in Familien wie Kirchengemeinde sensibel und achtsam für das Thema zu werden und mitzuwirken an einer Atmosphäre, dass darüber auch gesprochen werde.


In dem Fall geht um einen 2015 verstorbenen Priester, dem sexueller Missbrauch an seinen Neffen und an Messdienern vorgeworfen wird. Der Beschuldigte war von 1964 bis 1992 als Priester in Sachsen tätig. In Riesa war er zuvor als Diakon eingesetzt. Im Alter von 59 Jahren trat er in den Ruhestand und zog 1994 von Sachsen ins Emsland nach Werlte-Wieste, wo er bis zu seinem Tod lebte. Die staatlichen Ermittlungen, die nach einer Strafanzeige 2012 durch das Bistum Dresden-Meißen erfolgten, wurden wegen Verjährung eingestellt.


Der Personalchef des Bistums, Ulrich Dombrowski, der stellvertretend für Bischof Heinrich Timmerevers an dem Abend teilnahm, betonte auf Nachfrage, der Beschuldigte sei "unstrittig ein Täter" gewesen. Weiter hob Dombrowski hervor: "Wenn ein Betroffener seine Erlebnisse und das Verbrechen öffentlich macht, ist er kein Nestbeschmutzer. Die Gemeinde sollte ihm für seinen Mut danken." Es gehe nun darum, gemeinsam einen Weg zu suchen und zu gehen, damit sexuelle Gewalt in der Pfarrei möglichst nie wieder geschehe. Das Bistum habe die "uneingeschränkte Bereitschaft", solche Fälle wahrzunehmen, Hilfen zu geben und Schutzmaßnahmen voranzutreiben.


Der Betroffene berichtete, dass es nach anfänglichen Zusagen von Bistumsverantwortlichen, eine Aufarbeitung in Riesa anzugehen, keine Reaktionen mehr gegeben habe. Daraufhin sei er es selbst angegangen und habe sich an den Ortskirchenrat gewandt, der das Anliegen positiv angenommen habe.


An dem Abend gab es mehrere kurze Referate etwa zur Frage, wann sexuelle Gewalt beginnt, was Täter-Strategien sind, was betroffene Kinder brauchen und worauf das institutionelle Schutzkonzept der Pfarrei den Fokus legt. Auch ein Vertreter des Betroffenenbeirats Ost berichtete von seiner Arbeit. Er offenbarte, dass auch er von demselben Geistlichen, der in Riesa tätig war, missbraucht worden sei. Im Bistum Dresden-Meißen ist Riesa nach Heidenau und Hainichen die dritte Pfarrei, in der eine öffentliche Aufarbeitung von Missbrauchsfällen auf Gemeindeebene begonnen hat.

Zurück
Zurück

Gründung eines bundesweiten Netzwerkes von Betroffenen

Weiter
Weiter

Herzliche Einladung zur nächsten Frauenzeit am 28.9.22