MISSBRAUCH ANZEIGEN

Wie zeige ich einen Missbrauch an?

Es gibt zwei Wege für eine Anzeige, bitte lesen Sie auch weiter unten, was wir zur Beratung aufgeschrieben haben:

A) die Strafverfolgung durch den Staat: Anzeige bei Polizei/Staatsanwaltschaft

Ein Missbrauchsgeschehen, das bereits 50 Jahre her ist, ist im staatlichen Strafrecht nicht mehr verfolgbar. Eine Anzeige bei Polizei/Staatsanwaltschaft würde voraussichtlich eingestellt werden. Ebenso, wenn die beschuldigte Person verstorben sein sollte, erfolgt staatlicherseits kein Verfahren. Trotzdem könnte eine Anzeige von Bedeutung sein - nämlich für potentielle weitere Opfer, die durch dieselbe Person Schaden erlitten haben. Wenn diese Straftaten noch nicht verjährt sein sollten, würde Ihre Aussage (als Zeugin) die Anklage stützen und die Betroffene(n) stärken.

B) die Anzeige bei einer Ansprechperson des Bistums resp. des Ordens, in dem der Missbrauch stattgefunden hat - oder dort, wo Sie jetzt wohnen.

Z.B. können Sie einen Missbrauch, der in Bistum A stattgefunden hat, auch in Bistum B anzeigen. Die Ansprechperson des Bistum B wird Sie dann wahrscheinlich an die Ansprechperson im Bistum A verweisen. Zeitgleich mit Ihrer Anzeige bei der Kirche oder später können Sie einen Antrag auf Anerkennungsleistungen stellen, der dann über das zuständige Bistum an die UKA (die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen) weitergeleitet werden wird, die dann über die Höhe evtl. Anerkennungsleistungen in Abhängigkeit von ihren Schilderungen, der Einschätzung der Ansprechperson und der Plausibilität entscheiden wird. Seit 1.3.23 haben Sie nach einem Bescheid einmalig die Möglichkeit zu einem Widerspruch und Akteneinsicht.

Konsequenzen

Wenn Sie bei der Kirche einen Missbrauch anzeigen, werden Sie wahrscheinlich Kontakt zu einer Ansprechperson bekommen, welcher Sie in der Regel in einem (oder mehreren) Gesprächen darlegen, was Ihnen widerfahren ist. Danach bekommen Sie im günstigen Fall ein Protokoll des Gesprächs und erhalten die Möglichkeit zu Anmerkung und Korrektur (ich gehe davon aus, dass das vielleicht nicht überall so gehandhabt wird). Dann hören Sie vermutlich längere Zeit nichts mehr - die Prozesse sind innerhalb der Kirche, was die Kommunikation angeht, dtl. verbesserungsfähig.

Auch beim Staat (Polizei/Staatsanwaltschaft) würden Sie nach einer Anzeige als Zeugin vernommen werden, eine protokollierte Aussage unterschreiben und dann evtl. nichts mehr hören.

Deshalb ist es wichtig, dass Sie 

a) sich vor einer Anzeige beraten lassen, z.B. bei einer Fachberatung (für sexualisierte Gewalt) oder einer Opferhilfe wie z.B. dem Weißen Ring. Dann erfahren Sie Ihre Rechte (z.B. Nebenklage im Strafprozess, Begleitung durch eine Vertrauensperson im kirchlichen und staatlichen Verfahren)

b) überlegen, wer Ihnen in dieser Situation beistehen kann (Familie, Freunde, professionelle Helfer wie z.B. Therapeut*in) und wem Sie vertrauen,

c)  sich bewusst sind, dass der Weg zu einer Anzeige belastend sein kann, so dass Sie sich vorher im Klaren sein sollten, ob Sie sich dafür jetzt ausreichend stabil fühlen.

Dennoch ermutigen wir Sie zu einer Anzeige - nur so kann das ganze Ausmaß klerikaler Gewalt sichtbarer werden. 

Die aktuelle Liste der Ansprechpersonen (wenn Ihr Täter in einem deutschen Bistum tätig war) finden Sie auf hier der Seite der Bischofskonferenz (DBK.de).

Für weitere Fragen können Sie sich an uns wenden über die Email-Adresse vertraulich@aufarbeitung-von-unten.de

Abschließend weisen wir ganz formal darauf hin, dass dieser Beitrag eine juristische Beratung nicht ersetzen kann.